Wie die zarte Rose ihre Blütenblätter pellend offenbart, so nur bietest du zaghaft Dein Inneres an. Auf dass sich jemand Deiner Knospe vorsichtig nähere und ihr die Aufmerksamkeit schenkt, die sie alleine verdient. Denn so schüchtern du bist, genau so verletzlich bist Du auch. Deswegen nur, versteckt die Unschuld sich im düsteren Wald neben den knarrenden Ästen der vertrockneten Bäume, auf dass niemand sie finde und so gleich auch ein Jeder. Denn auch wenn sie sich versteckt, so ist es ihr größter Wunsch, endlich gefunden und errettet zu werden aus der Wüste der Einsamkeit. Auf dass sie sich in trauter Zweisamkeit endlich jemandem voll und ganz präsentieren darf. In all ihrer Schönheit, all ihrer Pracht und eben auch jeder nur Verletzlichkeit.
Die Wölfe umkreisen den Wald. Wissen sie doch um den Schatz darin. Aber es ist nicht ihr Anliegen, jemanden zu erretten. Sie wollen benutzen, ausnutzen und die Schwäche breittreten. Sie sind wie das wahre Böse, das in jedem Innern verewigt ist. Und da die Natur zweigespalten ist, sind auch sie immer existent.
Der Erretter nun, er kommt angeritten. Er kämpft sich durch die Rudel der Wölfe. Immun ist er gegen ihre Habgier und auch Wollust. Ihn dürstet es nach der reinen Essenz einer Existenz. Nach der Entfaltung des Innern. Das Antlitz der innersten Schönheit will er ausgebreitet sehen. Und so schrecken ihn auch nicht die Dornen vertrockneter Rosen ab, an denen er sich ab und an verletzt. Ebenso durchschreitet er die Täler des Selbsthasses und der Selbstverurteilung, nur um durch den Wald die einsame Seele zu finden. Auf seinem Gaul bringt er sie hinaus auf das Feld. In die wilde Natur, die sie beide frohlockend begrüßt.
Denn der freien Seele ist es nicht gestattet sich zu verstecken. Sie soll sich in all ihrer Zartheit der Welt präsentieren, damit diese sich an ihr erfreuen kann. Und wie die Rosenblätter im Wind sanft davon getragen werden, so nur wird die Welt und die Natur ihre sanfte Seele auf Händen tragen. Mit Sicherheit gibt es da draußen die Hyänen und Wölfe des Egoismus. Aber manch tapferer Ritter wird seinen so gefundenen Schatz gegen jedes Übel verteidigen. Deswegen nur ist es jeder Unschuld im Innern verewigt ihren Beschützer zu finden. Und manchesmal kapselt sie ihn vom Innern ab und erschafft ihn sich so rein selber aus sich alleine. So ist sie zwiegespalten. Einmal Unschuld, ein anderes Mal der Wolf, der sich im Rudel behauptet. Und im Innern dann versteckt sich wieder die Sanftheit im vertrockneten Wald vor der Grausamkeit einer Welt.
So ist die Beschaffenheit dieser Welt ob innen ob draußen, eine Gesetzmäßigkeit, die ihre eigene Gültigkeit besitzt. Wir fragen uns, was wäre, wenn es keine Wölfe mehr gäbe? Dann wäre jede Welt ein Paradies der Selbstpräsenz. Niemand müsste sich verteidigen und niemand mehr verstecken. Aber da jeder Seite auch die Gegenseite zugeschrieben wurde, wird es die Wölfe immer geben. So wie den Wald, so wie die Unschuld, so wie den Ritter als auch das Ungetier, das nur zerfleischen will.