Im Kamin flackerte das Feuer. Er schreckte hoch, sah sich überrascht um. Die Terassentür nur angelehnt, bauschte sich die Gardine in den Raum.
Er nahm sich die Sekunden des Wachwerdens, beobachtete ihren Tanz im Auf und Nieder. Schon fast schien es, als würden die gestickten Blüten darauf leben, im Windhauch ihren Tanz des Blumenfeldes vollführend. Durch die Scheibe brach sich der blutrote Schein der untergehenden Sonne. Wahrlich, ein einzigartiger Augenblick.
Und dennoch … er konnte den Anflug von Melancholie nicht unterdrücken. Im ersten Moment des Wachwerdens, im ersten Auftauchen aus dem Land der Träume, da hatte er etwas gespürt.
Trauer? …
Nein, das war es nicht gewesen.
Für eine Sekunde hatte er gehofft. Gehofft, dass der Windhauch etwas Anderes als eine Laune der Natur gewesen sei.
Für eine Sekunde …
Er musste nicht aufstehen. Ihr Bild hing über dem Sims des spielenden Feuers. Im Lichtschein der tanzenden Flammen, schien es fast zu leben. Wehmut erfasste ihn, als e sie mit jeder Kleinigkeit aufnahm. So, wie jeden Abend aufs Neue. Er konnte sich einfach nicht satt sehen. An jedem Abend entdeckte er eine neue Kleinigkeit, die ihm vorher entgangen zu sein schien. Das Grübchen des Lächelns an der Wange, die Augen scharf und spitz, wie die einer Katze. Die Haare, wild und ungezügelt, wie ihr Temperament. Sie war perfekt. Genau so, wie sie dort auf dem Bild war. Diese eine Sekunde, die sie in Ewigkeit dort an seinem Sims hing.
Es gab sie. In Realität, für kurze Zeit einmal in seinem Leben. Er hatte gewählt, den Pfad eingeschlagen, der aus ihm genau das machte, was er nun war. Einen der reichsten Männer des Landes, einen der Mächtigsten, gefürchtet und geehrt.
Sie war einmal die Seine gewesen. Für einen Sommer … Er wollte sich nicht erinnern, nicht wissen, denn sie hatte etwas von ihm gefordert. Eine Entscheidung, eine Tat, die unmöglich ihr Ernst gewesen sein konnte. Aber sie war es … und sicher würde sie es jetzt noch verlangen.
Sie wartete, auf ihn, diese Entscheidung, die er niemals treffen konnte. Ein Anruf und der Jet stände bereit. Eine Stunde und sie läge in seinen Armen.
Nein, nicht jetzt.
Er erhob sich vom Schaukelstuhl, ging hinüber zur Balkontür. Leise klirrend schloss sie sich. Er blickte hinaus in den Sonnenuntergang.
Wehmut, erneut …
Dort draußen, seine Ländereien, sein Park, die riesige Grünanlage.
In den Schatten bei der Hecke, Bewegung. Er fixierte es mit den Blicken, holte das Fernglas vom Tisch. Ein Blick hindurch und sofort verkrampfte es sich in seinem Herzen. Es wand sich … und verscheuchte die Finsternis.
Ein junger Mann, eine junge Frau. Sie huschten die Hecke entlang, suchten eine Lücke und zwängten sich hindurch. Lachend fielen sie ins Gras, küssten sich, umarmten sich. Eine Einheit aus Zweien, das Feuer der Liebe zum Band geschweißt. Er, hatte nur Augen für sie. Sie, blickte ihn von unten herauf an. Unschuldig, auf ewig nur die Seine.
Liebe …
Er wollte es nicht und konnte nur zu gucken. Wie sich ihre Hände umspielten, sie einander umschlungen hielten. Sekunden, Zeit, ihnen machte es nichts aus.
Vertrauen …
Sie lächelte von Innen heraus, sprühte und glänzte im inneren Feuer. Und sein Inneres schien zu antworten, trug einen sanften Kuss auf ihre Lippen, während er ihr durchs Haar strich.
Dann sprangen sie wieder auf und flüchteten durch die Hecke. Lachend, triumphierend in den Sonnenuntergang.
Zusammen …
Sie entschwanden ihm.
Seinem Grundstück, seinem Leben, seinem Blickfeld.
Eine Entscheidung …
Und er traf sie. Ohne zu überlegen, ohne zu denken. Entbrannt von dem Feuer der Beiden. Dieses würde auch das Seine sein. Und er musste tun, was sie verlangte.
Er ging hinunter in die Küche, bestellte auf dem Weg den Jet und suchte die Streichhölzer. Sekunden später hielt er sie in Händen. Er drehte den Gas Herd auf und ging hinaus auf die Terrasse.
Nichts würde übrig bleiben, keine Spur, kein Beweis mehr.
„Wenn er bereit sei, sich für sie zu verlieren. In ihr und mit ihr. Dann wäre auch sie nur durch ihn. Zusammen, die Sekunde Ewigkeit.“
Er schmiss das brennende Streichholz in das Haus.
Die Explosion, das Feuer des alten Lebens …
Es interessierte ihn nicht mehr.
Er war auf dem Weg … um eins zu werden.